AMV und Stickstoffsättigung

  • Heute wurde mir "mitgeteilt" :), das man bei höherem Atemvolumen mehr Stickstoff aufsättigt.


    Bsp:
    Person X hat bei Tauchgang 1 (keine Vorsättigung) ein AMV von 10barl/min.
    Die gleiche Person X hat bei Tauchgang 2 (ebenfalls keine Vorsättigung) bei gleichem Profil und gleicher Arbeitsleistung ein AMV von 15barl/min (schöne runde Zahlen).
    Jetzt wurde mir an dem Kopf geworfen, dass diese Person A nach dem Tauchgang 2 eine höhere Stickstoffsättigung im Körper hat.


    Äääähhhh, mir wurde mal erklärt, dass die Sättigung nichts mit der Menge, sondern nur mit der Differenz zu tun hat. Entweder ist das eine Blödsinn, oder das andere. Aber was :evil:? Kann das irgendwer noch mal für Begriffstutzige erklären :O?


    Hilfesuchende Grüsse (denn jetzt steh ich im Wald),
    Mareike

  • Ich wuerde sagen, so wie Du es schilderst ist es Quatsch, die Saettigung haengt nicht davon ab, wie schnell Du ein- und ausatmest.


    Aber das hoeher AMV koennte Ursachen habe, die auch dekorelevant sind: Wenn Du Dich zB staerker anstrengst, dadurch nicht nur Dein Metabolismus (und somit das AMV) staerker in die Gaenge kommt, sondern auch zB der Herzschlag schneller, dann ist durchaus vorstellbar, dass das fuer irgendwelche Blasengeschichten wichtig ist. Daher sagt Dir ja auch Herr Hahn, wie Du bei Anstrengung auf Tiefe/Grundzeit bei Benutzung seiner Tabelle draufschlaegst bzw Luftintegrierte Computer tun das fuer Dich.


    Oder Du hast inzwischen mehr Fett angesetzt. Das Ruhe-AMV ist in etwa proportional zum Koerpergewicht und andererseits ist Uebergewicht auch schlecht fuer die Dekovertraeglichkeit, insbesondere Fettgewebe ist da uebel (weswegen wohl auch Frauen u.U. eine andere Dekovertraeglichkeit als Maenner haben koennen). Ein Gegenteiliger Effekt wuerde sich aber ergeben, wenn Du Muskelaufbautraining betreibst: Da geht das AMV massiv in die Hoehe, da Muskeln viel Sauerstoff verbrauchen, aber die Fitness steigt auch, was gut fuer die Deko sein sollte.


    Ganz wilde Spekulation fuehrt auch noch auf dieses Szenario: Du bist aufgeregt und daher schuettet Dein Koerper mehr Adrenalin (und Co, bin kein Arzt) aus. Das hat wiederum Auswirkungen auf Dein Imunsystem (Stichwort: Die Erkaeltung kommt erst zu Weihnachten nach den stressigen Tagen). Das Imunsystem ist wiederum ein wichtiger Faktor darin, wie Dein Koerper mit einem Dekounfall umgeht. Andererseits fuehrt Aufregung natuerlich zu einem hoeheren AMV.

  • Veränderte Gasmengen bei Ein- und Ausatmung nur Sauerstoff und Kohlendioxid, d.h. der partielle Druck ist beim Stickstoff gleichbleibend, ergo auch die Kompression und Dekompression.


    Ein Gefälle im Gasgradienten zwischen kapillar-/gewebegespeichertem Stickstoff zum freien Stickstoff in den Alveolen macht die Kompression/Dekompression aus.


    Das Atemminutenvolumen als ein Wert aus mehreren Parametern ( Lungengrösse, Atemfrequenz u.a. ) als ein gravierender Faktor für die Diffusion von Stickstoff zu sehen, ist imho eher unbedeutend.


    Bevor diese Faktoren in eine Kompressions-/Dekompressionsberechnung einfliessen, würde man eher die benutzen Gase so bereitstellen, dass sowenig Stickstoff wie möglich aufgenommen wird, das Gasgefälle bei der Dekompression so hoch wie möglich ist.


    -----


    *klugscheiss*


    Einflussfaktoren auf die Gasdiffusion in der Lunge:


    Diffusionsstrecke
    Strecke zwischen den Membranellen/Membranen. Kann verdickt sein z.B. Ödem


    Diffusionsfläche
    Mehr Fläche heisst leichtere Gasdiffusion. Die Gasaustauschfläche kann verkleinert sein (Ablagerungen, Sektion) und behindert die Diffusion / Gasaustausch


    Partialdruckdifferenz
    Konzentrationsgefälle der Gase an beiden Seiten der Membran
    Je grösser das Gefälle desto stärker der Gasaustausch in ein Gleichgewicht.


    Diffusionszeit.
    Verkürzte Zeit bei starker, schneller Atmung (Hecheln) bedingt kurze Gasdiffusion


    Gasaustauschkoeffizienten
    Unterschiede in der Diffusion verschiedener Gase. Bsp. Kohlendioxid 20x schnellere Diffusion als Sauerstoff.


    -----


    Die von Mareike beschriebene Aussage hatte ich auch mal gehört - von einem rauchenden Tek-Instruktor.
    Noch Fragen? :D


    A.

  • Zitat

    Original von rob
    Ich wuerde sagen, so wie Du es schilderst ist es Quatsch, die Saettigung haengt nicht davon ab, wie schnell Du ein- und ausatmest.


    Ich bin ja der gleichen Meinung, aber versuche mal andere zu überzeugen. Also brauche ich Material, um erstmal selbst genau dahinterzukommen :).


    Zitat

    Original von rob
    Aber das hoeher AMV koennte Ursachen habe, die auch dekorelevant sind: Wenn Du Dich zB staerker anstrengst, ....


    Naja, darum hatte ich versucht anzudeuten: Alles identisch (Anstrengung, Gase, Ausrüstung, Person, etc.)... Andere Einflußgrössen wollte ich erstmal raushalten.


    Zitat

    Original von Alex.Hellwag
    Veränderte Gasmengen bei Ein- und Ausatmung nur Sauerstoff und Kohlendioxid, d.h. der partielle Druck ist beim Stickstoff gleichbleibend, ergo auch die Kompression und Dekompression.


    Mist, jetzt muss ich das machen, was mir sonst auch missfällt (Abschweifen :)). Und wo kommt der zusätzlich aufgenomme Stickstoff her? Irgendwo muss sich da auch was ändern, ansonsten funktioniert das Ganze nicht. Oder liegt die Schwankung nur im Mikropromillebereich?


    Zitat

    Original von Alex.Hellwag
    *klugscheiss*


    Das hilft mir hier richtig weiter....


    Alles verstanden, habe ich auch mal so gelernt, nur hier kommt der Haken:


    Zitat

    Original von Alex.Hellwag
    Diffusionszeit.
    Verkürzte Zeit bei starker, schneller Atmung (Hecheln) bedingt kurze Gasdiffusion


    Ähhh, wie bitte? In der Lunge ist doch immer noch Luft drin (die sollte man besser nicht leer kriegen), damit geht die Diffusion dort eigentlich einfach weiter? Oder doch nicht?


    Zitat

    Original von Alex.Hellwag
    Noch Fragen? :D


    Viele, aber nicht jetzt.


    Mareike

  • Und wo kommt der zusätzlich aufgenomme Stickstoff her?


    Ein Gefälle im Gasgradienten zwischen kapillar-/gewebegespeichertem Stickstoff zum freien Stickstoff in den Alveolen macht die Kompression/Dekompression aus.


    Zustand 1:
    Kapillare/Gewebe (Pges.Gewebe= pP 02 Gewebe, pP N2 Gewebe, pP Restgase Gewebe (CO2 u.a.)


    Dazwischen: Membran


    Zustand 2:
    Alveolenblasen (Pges.Alv.= pP 02 Alv., pP N2 Alv., pP Restgase Alv. (CO2 u.a.)


    Aufgrund der Kompression von freien Gasen ist der Gasdruck in den Alveolen beim Abtauchen höher als der "gelösten" Gase in den Kapillaren und Geweben (Flüssigkeit). Dieses Gefälle bedingt die Aufnahme des überschüssigen Gases (a.e. N2) aus den Alveolen in das Gewebe/Kapillaren - umgekeht beim Auftauchen (Abnahme des Gasdrucks in den Alveolen -> Abgabe des überschüssigen N2 in den Alveolenraum)


    -----


    Wird sowas nicht mehr gelehrt?


    A.

  • Vielleicht kann man das Problem schon mit dem alten Henry klären:


    Das Henry-Gesetz (nach dem englischen Chemiker William Henry) beschreibt das Löslichkeitsverhalten (flüchtiger) Substanzen in Flüssigkeiten.


    Es besagt beispielsweise, dass die Konzentration eines Gases in einer Flüssigkeit direkt proportional zum Partialdruck des entsprechenden Gases über der Flüssigkeit ist.


    D.h. also: auch wenn ich der Lunge ein großes Volumen an Gas zur Verfügung stelle (also hohes AMV) löst sich im Blut (und später in den durchbluteten Geweben) nur so viel Stickstoff, wie entsprechend dem Löslichkeitsverhalten max. möglich ist...


    Gruß,


    D.S.

    "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?" Der Taucher, Friedrich Schiller (1797)

  • wenn ich der Lunge ein großes Volumen an Gas zur Verfügung stelle (also hohes AMV)


    Einspruch Herr Doktor! ;)
    Ein grosses Lungenvolumen bedeutet nicht ein grosses Atem-Minuten-Volumen, auch wenn es dies beeinflusst.


    A.

  • Zitat

    Original von Alex.Hellwag
    Und wo kommt der zusätzlich aufgenomme Stickstoff her?


    Dieses Gefälle bedingt die Aufnahme des überschüssigen Gases (a.e. N2) aus den Alveolen in das Gewebe/Kapillaren - umgekeht beim Auftauchen (Abnahme des Gasdrucks in den Alveolen -> Abgabe des überschüssigen N2 in den Alveolenraum)


    Also verschwindet doch kurzfristig ein ganz kleines bißchen Gas (in diesem Fall N2) aus der Atemluft ins Gewebe. Weil das Zeug ja irgendwo bleiben muss.... Ok, beim Auftauchen kommt es wieder zum Vorschein... Die Gesamtmenge über die gesamte Tauchgangsdauer gesehen bleibt also gleich.


    Zitat

    Original von Alex.Hellwag: Wird sowas nicht mehr gelehrt?


    Bei mir besteht (leider?) immer ein grosser Unterschied zwischen "gehört", verstanden", "nachgearbeitet und verinnerlicht". Und um alles gleichzeitg kümmere ich mich auch nicht. An manchen Stellen sage ich mir, das funktioniert eben und arbeite erst dann nach, wenn mir jemand versucht, was anderes zu erzählen.


    Und so kümmere ich mich eben erst jetzt darum, den armen alten Henry zu hinterfragen :O und rauszufinden, was da ganz genau passiert :evil: ... Aber besser jetzt als nie, oder?


    Grüsse, Mareike

  • ...kleines bißchen Gas...


    Es verschwindet schon eine ganze Menge an Gas im Gewebe.
    Bis Du 10m Tiefe (2bar) erreicht hast, hat sich der Gasanteil Stickstoff im Gewebe verdoppelt. Der Partialdruck N2 (Anteil N2) im Alveolenbereich wird durch das Atmen immer wieder ausgeglichen.


    A.

  • @Alex.H


    O.K., ich möchte es etwas präziser formulieren: Volumen pro Zeiteinheit, also Volumenstrom... ändert aber sonst nichts...

    "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?" Der Taucher, Friedrich Schiller (1797)

  • Zitat

    Original von Alex.Hellwag
    ...kleines bißchen Gas...


    Es verschwindet schon eine ganze Menge an Gas im Gewebe.
    Bis Du 10m Tiefe (2bar) erreicht hast, hat sich der Gasanteil Stickstoff im Gewebe verdoppelt. Der Partialdruck N2 (Anteil N2) im Alveolenbereich wird durch das Atmen immer wieder ausgeglichen.


    A.


    Zitat

    Original von Alex.Hellwag
    Veränderte Gasmengen bei Ein- und Ausatmung nur Sauerstoff und Kohlendioxid ...


    D.h. das o.g. gilt nur über die gesamte Tauchgangsdauer. Richtig verstanden?


    Rein interessehalber: Wie viel Gas ist das eigentlich so in einem Körper gelöst - also so richtig in Mengenangabe. Hat da irgendeiner 'ne Ahnung?


    Mareike

  • mareike:
    Worauf beziehst Du Deine Frage?


    Die Umwandlung von O2 zu CO2 ergibt sich unabhängig zu äusseren Einflüssen wie Druckveränderungen.


    Während und nach dem Tauchgang herrschen unterschiedliche Drücke und somit Gasgradienten bis zur Wiederherstellung des Normalfalls 1bar Gasgesamtdruck im Gewebe / Kapillaren an Land.


    Und nun: Sprechstunde für heute geschlossen! ;)


    A.

  • Übrigens noch ein Denkanstoß -kein Beweis- : keine Tabelle und kein Tauchcomputer kennt irgendeinen 'Meßwert' aus Deinem Körper, die einzigen Parameter zur Deko- Berechnung sind Druck(Tiefe) und Zeit. Offenbar läßt es sich also auch ohne exakte Kenntnis von AMV, etc. hinreichend sicher tauchen. Das gegenwärtige AMV dient damit höchstens als Hinweis darauf, ob Du bei ansonsten konstanten Bedingungen, gegebener Austauchzeit, ggf. Deko- Pause und gemessenem Flaschendruck Dein Gasvorrat noch reichen mag.


    Und obwohl ein luftintegrierter Computer das AMV berechnet (-oder berechnen kann- und dies auf Verlangen auch anzeigt) fließen diese Daten offenbar nicht in die Deko- Berechnung ein. Zumindest werben die Hersteller nicht damit. Bei mir (ich tauche mit einem Suunto Mosquito) läßt sich lediglich eine Art Konservatismus in Form eines nebulösen Faktors einstellen, der sich ausschließlich aus der Selbsteinschätzung des Tauchers ergibt (P+ oder P++ für anstrengende Tauchgänge und/oder bei kaltem Wasser).

    "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?" Der Taucher, Friedrich Schiller (1797)

  • @Alex.H


    Gefällt Dir das Wort Volumenstrom?


    AMV
    Atem Minuten Volumen, gemessen in Liter/Minute also technisch gesehen ein 'Volumenstrom' ...

    "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?" Der Taucher, Friedrich Schiller (1797)

  • Moin,


    Zumindest uwatec hat beim Aladin AirX damit geworben, dass ein Ansteigen als Indiz für erhöhte Anstrengung in das Rechenmodell einfließt (genau wie auch die Wassertemperatur berücksichtigt wird).

  • O.K. Mike, das war mir neu! Allerdings hört man ja von diesen Rechnern nicht nur das Beste.


    Das bisherige Batteriewechsel-Austausch Programm von Rechnern der Aladin Air X Familie auf Rechner der Aladin Air Z Familie soll ja laut Rundschreiben von Scubapro ausgelaufen sein.


    Außerdem ging mal 2003 ein Gerücht um, daß ein Software Fehler in einem Tauchcomputer der Firma Uwatec für lebensgefährliche Fehlberechnungen verantwortlich sei.


    Da kann man ja nur hoffen, daß die Dinger noch vor ihren Anwendern aussterben werden :evil:

    "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?" Der Taucher, Friedrich Schiller (1797)

  • Hi,
    soweit ich weiß trat diese Tücke bei Nitrotauchgängen auf, bei denen der Rechner während der Oberflächenpause munter so getan hat als ob der Probant weiterhin Nitrox schnüffelt.
    Dummer Fehler, aber meines wissens behoben.


    Hat allerdings auch nicht wirklich was mit dem ursprünlichen Thema zu tun.


    Grüße bubble

  • Stimmt bubblemaker, ich schweife ein wenig ab, andererseits bringt mich dieser alte Fehler auf ein ganz anderes Problem: wie will man eigentlich ein Deko- Modell mit -zig Einflußgrößen wie z.B. AMV oder Alter, Körperfettgehalt, etc., pp. auf seine Zuverlässigkeit hin testen? Mit der Zahl der Parameter erhöht sich schließlich auch der Aufwand statistischer Nachweis- Methoden und wo kriegt man dafür die geeigneten Probanden her?


    Blasenmodelle lassen sich wohl halbwegs vernünftig durch einen Gelatine - Klotz als Modell- Taucher untersuchen, aber bring mal einem solchen Ding das Atmen bei...


    Also, bevor die Diskussion ausufert, verabschiede ich mich wieder in den Cyberspace...

    "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?" Der Taucher, Friedrich Schiller (1797)